Meine inneren Kämpfe

Inhalt

Ich und der Krebs

Bis ich 20 Jahre alt war, schien die Welt gesundheitlich noch total okay zu sein. Ich hatte einen guten Job, gerade mein erstes Kind bekommen und lebte in einer Partnerschaft – eigentlich perfekt.

Umso erschütterter war ich, als mir mit Mitte 20 Vulvakrebs diagnostiziert wurde. Krebs? Bei mir? In mir brach eine Welt zusammen. Ich war doch noch jung und hatte mein ganzes Leben vor mir. Ein Wort hat mein ganzes Leben verändert- von einer Sekunde auf die andere: Vulvakarzinom. Die Ärzte sagten mir, dass sie meine Klitoris und Schamlippen entfernen müssten. Ein Schock für mich. Ich war damals, 2002, eine der jüngsten Patientinnen Deutschlands.

Irgendwie schaffte ich es, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Doch wie das Leben spielt, bekam ich gleich die nächste Diagnose – Gebärmutterhalskrebs. Weil das nicht genug war, kam dazu auch noch die seltene Auto-Immunerkrankung Lupus. Um die Zeit der Diagnosestellung wurde ich erneut schwanger.

Myriam war auf dem Foto schon lange an Krebs erkrankt. Sie hatte ihre Haare verloren und man sah ihr die Spuren des Kampfes am Körper an.

Nach jahrelangen Kämpfen habe ich schließlich die Organisation Fuck Cancer ins Leben gerufen.
Ich lasse mich nicht unterkriegen im Kampf gegen den Krebs! #FUCKCANCER

Ich werde für alle Menschen kämpfen, die mein Schicksal teilen. Ich möchte durch meine Organisation Halt und Kraft geben und für sie und ihre Angehörigen da sein wie eine zweite Familie.

Lupus

Es gibt Tage, an denen mir jede Kraft fehlt. Schon einfache Dinge, wie gehen oder stehen, fallen mir schwer. Oft bin ich auf einen Rollstuhl angewiesen.
Lupus ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem körpereigene, gesunde Zellen angreift und so eine Entzündungsreaktion auslöst. Das bedeutet, dass Patient*Innen oft Organschäden davontragen, was bei mir leider der Fall ist. Die Krankheit greift meine Knochen an, verursacht starke Neurologische Störungen wie z.B. Taubheitsgefühl, Sprachstörungen, Nervenschmerzen, Sehverlust, etc.  Oft ist mir sehr übel, ich bekomme unfassbare Magenschmerzen und bin anschließend so erschöpft, dass ich mich kaum mehr bewegen kann. Die Erkrankung verursacht bei mir nicht nur die Neurologischen Störungen sondern hat bereits mein Herz, Niere, Nervensystem und meine Haut angegriffen.

Doch auch dieser Erkrankung biete ich die Stirn und arbeite jeden Tag sehr hart. Wenn es mal nicht geht, dann muss eben der Rollstuhl herhalten – ich finde immer einen Weg. Ich möchte euch alle dort draußen ermutigen, nicht aufzugeben. Lebt eure Träume! Lasst euch nicht unterkriegen und macht aus jeden Tag etwas ganz kostbares

Lupus - Die Autoimmunkrankheit

Ihr seid wundervoll, genau so wie Ihr seid. Ihr seid stark, mutig und wertvoll mit jedem Atemzug. Lasst nicht zu, dass eine Krankheit euch das nimmt.

Borderline, Depression

Eine meiner Therapeutinnen hat es damals treffend ausgedrückt: Meine BPS (Borderline-Persönlichkeits-Störung) ist das Fundament all meiner seelischen Störungen. 

Ja, meine BPS geht mit dem typischen und allgemein bekannten Schwarz-Weiß-Denken einher, obwohl es eher Schwarz- Weiß-Fühlen heißen sollte. Ich bin nämlich häufig nur zu extremen Gefühlen fähig – positiv wie negativ. Das führt nicht selten dazu, dass ich nicht in der Lage bin, diese Emotionen zu regulieren. Auch »normale« Menschen können schließlich nicht all ihre Emotionen immer erfolgreich auf ein »vernünftiges« Maß reduzieren. Jeder Mensch kennt Extremsituationen, die ihn emotional überfordern.

Stellt euch vor, ihr wärt regelmäßig mit solchen Gefühlen konfrontiert und ihnen mehr oder weniger hilflos ausgeliefert. Den scheinbar einzigen Ausweg aus dieser Frustration und Anspannung stellt mitunter Autoaggression, selbstverletzendes Verhalten oder gar Suizidversuche bis hin zum Suizid dar. Zweifelsohne fühle ich mich unverstanden und ungerecht behandelt, wenn ich statt einer zielführenden Diskussion, in der ich meine Meinung differenziert mitteile, nur einen Wutausbruch zustande bekomme.

Myriam leidet an Depressionen und Borderline bzw. einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung. Sie wirkt sehr gedrückt und traurig, trägt ein schwarzes Oberteil und sieht von der Kamera weg.

Ich dränge mich damit selbst in eine Ecke, und auf meiner Stirn scheint dann dick und fett BORDERLINE zu stehen, was meine extremen Gefühle nur noch verstärkt und sich in stärkerem Abwehrverhalten äußert. Das ist eine Abwärtsspirale, in der ich mein tatsächliches Anliegen oder meine Meinung am Ende gar nicht kommunizieren kann. Es ist frustrierend, für das eigene Selbstbild und Selbstverständnis bei der Emotionsregulation immer wieder Niederlagen einstecken zu müssen und ein ums andere Mal dabei zu versagen. 

Irgendwo hinter meinen vordergründigen Zwängen und meiner Impulsivität steckt ja trotzdem mein Selbst, das bloß Schwierigkeiten hat, sich mitzuteilen, da es von meinen Borderline-bedingten Verhaltensmustern dominiert und überspielt wird. Ich hatte diverse Identitätskrisen in meinem Leben und befinde mich quasi auf der permanenten Suche nach mir selbst.

Zusätzlich kommen dazu noch meine Depressionen. Zunächst möchte ich mit dem nach wie vor vorherrschenden Vorurteil aufräumen, dass jemand im medizinischen Sinne depressiv ist, wenn er traurig ist, weil er vielleicht Probleme im Job oder in der Beziehung hat. Das ist falsch! Ich würde so etwas vielleicht als Lebenskrise bezeichnen, und jeder von uns kennt das. Eine Depression hingegen ist eine psychische Störung beziehungsweise Erkrankung. Die Depression ist mein täglicher Begleiter, und das wird auch in Zukunft so sein. Selbst wenn es mir augenscheinlich gut geht, erlebe ich in meinem speziellen Fall der Borderline-Depression immer wieder Momente chronischer Leere. Stehe ich zu lange still, kann es sein, dass ich darin hängen bleibe und nur schwer wieder herauskomme. Für Menschen, die davon nicht betroffen sind, ist es kaum möglich, diesen Zustand nachzuvollziehen. Ich möchte dafür die Metapher eines dunklen Raums, dessen Ausgang ich nicht finde, nutzen. In diesem Raum befinden sich meine Emotionen in Schränken. Ist alles in Ordnung und der Raum beleuchtet, kann mein Gehirn wie das eines normalen Menschen eine Schranktür öffnen und sich gezielt an einer Emotion bedienen. Ist das Licht ausgeschaltet, habe ich keinen Zugriff mehr auf Freude, Trauer, Lust und Empathie. Manchmal stoße ich zufällig auf eine willkürliche Emotion, was einem manischen Impuls gleichkommt.

Auch darüber will ich aktiv und laut informieren. Menschen mit psychischen Erkrankungen werden nicht erst genommen, übersehen und stigmatisiert – man möge fast meinen, dass man uns nichts zutraut. Genau darum möchte ich zeigen, dass jeder Einzelne von uns, egal mit welchem Krankheitsbild, Großes erreichen kann.

Ich wünsche mir, dass offen über dieses Thema geredet wird, damit niemand mehr seine Erkrankung verstecken muss. Habt Mut und traut euch, eure Geschichte zu erzählen. Gemeinsam können wir das Schweigen brechen.